Maximilian Klöss: Antworten auf die Wahlprüfsteine

1. Was wollen Sie als Bürgermeister tun, damit sich die Bürgerinnen und Bürger mehr für die Arbeit der Stadtverordneten interessieren?

Der Einsatz der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker, sei es Stadtverordnete, Magistrat und Ortsbeiräte hat größten Respekt und Anerkennung verdient. Deren Anliegen ernst zu nehmen muss künftig besser berücksichtigt werden. Die Zusammenarbeit in den Gremien ist aus meiner Sicht gut. Ist sie effizient und effektiv? Entspricht sie den Vorstellungen der Beteiligten? Darüber möchte ich mit den ehrenamtlichen Mandatsträgern sprechen.

Zeigt der Einsatz und das Engagement der ehrenamtlichen Mandatsträger Wirkung, haben sie die Möglichkeit sich so einzubringen, wie sie das gerne möchten, werden sie dafür wertgeschätzt, dann haben wieder mehr Menschen Interesse sich für ein solches Ehrenamt zu engagieren. Wichtig dabei ist auch, die Parteipolitik außen vor zu lassen, auf kommunaler Ebene sollte sie keine Rolle spielen.

Ich bin davon überzeugt, dass viele Menschen in Lindenfels und seinen Stadtteilen sich gerne einbringen möchten, ohne dabei von einer Parteilinie abhängig zu sein.

Das Format der Bürgerversammlungen, zur Information über aktuelle Themen und der Gelegenheit zum Austausch möchte ich zweimal jährlich durchführen.

2. Durch welche Maßnahmen wollen Sie mehr Bürgernähe erreichen?

Ich verstehe die Frage so, dass sie auf mehr Bürgernähe zwischen Bürgermeister und den Bürgerinnen und Bürgern abzielt. Ein Bürgermeisterkandidat verhält sich während der Wahlbegeisterungsphase so, wie er später auch im Amt agieren wird.

Die von mir angebotenen Formate Stadtteilge(h)spräche, Babbelbank, Auf eine Kugel Lindenfels, Abend der Vereine u.v.m. sind Formate, die ich auch als gewählter Bürgermeister umsetzen möchte. Sie haben während meiner Wahlbegeisterungszeit großen Zuspruch erfahren und die Bürgerinnen und Bürger haben viele konstruktive Ideen eingebracht.

Den Bürgerinnen und Bürgern auf Augenhöhe zu begegnen und deren Anliegen ernst zu nehmen, schafft Vertrautheit und Nähe. Ich stehe für einen wertschätzenden, offenen und ehrlichen Umgang.

Bürgerbeteiligung bringt nur dann etwas, wenn die Beteiligten sehen, dass auch etwas umgesetzt wird. So rede ich nicht nur über Projekte, sondern gehe in die konkrete Umsetzung.  Die Bürgerinnen und Bürger müssen sehen, ihr Einsatz und Engagement bewirkt etwas und wird wertgeschätzt. Dann wächst das Interesse sich in irgendeiner Art und Weise einzubringen.

Bürgernähe zu schaffen, ist aus meiner Sicht vorrangig mit der Haltung dazu verbunden.

3. Demographie

Die demografische Entwicklung wird auch in der Stadt Lindenfels ihre Spuren hinterlassen. Die Bevölkerung wird in den nächsten Jahren schrumpfen und im Durchschnitt werden die Menschen deutlich älter werden. Welche Maßnahmen müssen aus Ihrer Sicht in der Stadt getroffen werden, um den demographischen Wandel der Gesellschaft aktiv und positiv gestalten zu können (allgemeine Maßnahmen, Maßnahmen im Bereich Gesundheit, Freizeit, Wohnen, Wirtschaft und Finanzen)?

Aufgrund des demografischen Wandels stehen gerade Kommunen im ländlichen Raum vor großen Veränderungen. Für dieses Thema müssen alle handelnden Akteure zunächst sensibilisiert werden.

Sodann müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ein gutes Älterwerden in den eignen vier Wänden ermöglichen. Dies bedingt die Entwicklung hin zu nachbarschaftlichen Unterstützungssystemen, wie z.B. Babbelbank, Nachbarschaftshilfe, Schaffung von themenspezifischen Arbeitskreisen etc.

Gerade für die älteren Menschen ist die Sicherung der medizinischen Versorgung in Wohnortnähe elementar wichtig. Die bereits vorhandenen Pflegedienste gilt es zu vernetzen und sie in ihrer Arbeit bestmöglich zu unterstützen. Eine vernetzende Arbeit auf Ebene aller professionellen und ehrenamtlichen Pflegakteure, die medizinischen Versorger sowie die Apotheken ist von größter Wichtigkeit, um die Versorgungsstruktur für älterwerdende Bürgerinnen und Bürger auszubauen und zu stärken.

Die Vereine gilt es in diese Netzwerkarbeit ebenfalls einzubinden. Viele ältere Menschen leben allein in den eigenen vier Wänden. Das Thema „Einsamkeit im Alter“ wird immer zentraler, weswegen Angebote, wie die Babbelbank fortgeführt werden sollen. Informationsveranstaltungen zu Themen, wie Wohnberatung, Pflegestützpunkt, etc. sollen regelmäßig in Lindenfels etabliert werden.

Zu einer wohnortnahen Versorgung gehört auch das Angebot von Geschäften des täglichen Bedarfs. Mit dem Lebensmittelversorger nahkauf ist ein enger Kontakt und Austausch notwendig.

Aufgeschlossen bin ich für Angebote des betreuten Wohnens und des Mehrgenerationenwohnens. Die Immobilien dazu sind in Lindenfels vorhanden.

4. Kinder- und Jugendeinrichtungen

Was werden Sie als Bürgermeister tun, um ein ansprechendes Angebot an Kinder- und Jugendeinrichtungen in Lindenfels zu realisieren.

Vorhandene Akteure, wie z.B. die Vereine gilt es bestmöglich vonseiten der Stadtverwaltung zu unterstützen. Das Haus der Vereine sollte langfristig für den kürzlich installierten Jugendtreff zur Verfügung gestellt werden und die vorhandene Infrastruktur entsprechend ausgebaut werden.

Regelmäßige Austauschformate mit jungen Menschen sind von zentraler Bedeutung für eine zukünftige Ausrichtung von entsprechenden Angeboten. Die jungen Menschen haben innovative Ideen für unsere Stadt. Diese gilt es anzuhören und deren Umsetzung zu prüfen. Eine aktive Einbindung von jungen Menschen in die kommunalpolitischen Strukturen ist eine Möglichkeit, um die Beteiligung dieser Altersgruppe zu fördern.

5. Verkehr

Die Grünen setzen sich für Tempo 30 in allen Ortsdurchfahrten ein. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um Ortsdurchfahrten sicherer zu machen?

Um die Verkehrssicherheit in Lindenfels zu erhöhen, sind mehrere Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung notwendig. Regelmäßige Radarkontrollen durch fest installierte Blitzer oder mobile Einheiten sind entscheidend, um die Einhaltung der Tempolimits zu gewährleisten und Verkehrsteilnehmer zur Rücksichtnahme zu bewegen. Ergänzend können optische Verengungen eingesetzt werden, um Autofahrer visuell darauf hinzuweisen, dass sie ihre Geschwindigkeit reduzieren sollten. Dies kann durch spezielle Fahrbahnmarkierungen oder Poller geschehen, die die Straße schmaler erscheinen lassen und somit eine bewusste Anpassung der Geschwindigkeit fördern.

Darüber hinaus können Aufpflasterungen und Bodenschwellen an Kreuzungen und Fußgängerüberwegen installiert werden. Diese physischen Maßnahmen zwingen den Verkehr, langsamer zu fahren, was insbesondere die Sicherheit von Fußgängern erheblich erhöht. Durch die Kombination dieser Strategien kann eine spürbare Verbesserung der Verkehrssicherheit in unserer Stadt erreicht werden.

Ich freue mich darüber hinaus über Ideen und Anregungen der Grünen, damit wir uns gemeinsam dieser Thematik annehmen können.

6. Umwelt- und Klimaschutz

Die Grünen setzen sich für erneuerbare Energien ein und lehnen eine klimaschädliche Energieproduktion ab. Welchen Stellenwert haben für Sie die erneuerbaren Energien? Welche Zukunft sehen Sie für fossile Energieträger?

Die Stadt hat großen Nachholbedarf im Bereich der erneuerbaren Energien. Nennen Sie vorrangige Maßnahmen, die Sie im Bereich der Energie- und Umweltpolitik initiieren bzw. umsetzen wollen.

Ganz wichtig ist, die Wertschöpfung beim Ausbau der erneuerbaren Energien möglichst in der Region zu behalten – am besten bei den Bürgerinnen und Bürgern. Ich kann mir beispielsweise dazu die Gründung einer Energiegenossenschaft vorstellen. Allein bekommt man das aber nicht hin, dazu benötigen wir Experten. Mit diesen gilt es zu prüfen, welche Strukturen unsere Region prägen und welche erneuerbaren Energien bei uns besonders effizient eingesetzt werden können. Die Beratungsangebote für Kommunen sind dazu vorhanden, diese müssen wir nutzen.

Vorrangige Maßnahmen in der Energie- und Umweltpolitik für Lindenfels könnten sein:

  • Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden,
  • Gründung von Energiegenossenschaften,
  • energieeffiziente Gebäudesanierung,
  • Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos,
  • Bürgerdialoge zur Energiewende.

Erneuerbare Energien sind für mich von entscheidender Bedeutung, im Hinblick auf die Sicherung einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Energieversorgung. Der Übergang zu erneuerbaren Energien ist unverzichtbar, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. In Anbetracht der Endlichkeit fossiler Ressourcen müssen wir konsequent auf nachhaltige Energiequellen umsteigen.

Ich freue mich darüber hinaus über Ideen und Anregungen der Grünen, damit wir uns gemeinsam dieser Thematik annehmen können.

7. Bildung

Die demografische Entwicklung hat auch Auswirkungen auf die Schülerzahlen und damit auf die zukünftige Schullandschaft. Wie sieht Ihre Schulentwicklungs-planung für die Stadt Lindenfels aus?

Kurze Schulwege und eine wohnortnahe Bildung gilt es zu gewährleisten.

Zunächst ist festzustellen, dass die Schulentwicklungsplanung sowie die Bereitstellung des ÖPNV primäre Aufgabe des Kreises sind. Inwieweit die Schulentwicklungsplanung vom Lindenfelser Bürgermeister beeinflusst werden kann, ist fraglich, da diese von den Gremien des Kreises beschlossen wird.

Ich stehe für den Erhalt der Carl-Orff-Schule an ihrem Standort und setze mich für eine Verbesserung des Angebots im Bereich des ÖPNV ein. Kleine Schulen sind ein wichtiger Standortfaktor für Familien und tragen zur Attraktivität einer Kommune bei.

Die Stadt Lindenfels kann mit Vereinen zusammenarbeiten, sodass sich die Vereine an den Schulen präsentieren und den Kindern ihre Arbeit näherbringen. Die Einbindung von Kindern in Vereine ist von großer Bedeutung, um die soziale Kompetenz der Kinder zu fördern. Die fortschreitende Digitalisierung sowie die sozialen Medien haben immer größeren Einfluss auf das Aufwachsen der Kinder. Aus diesem Grund ist das Aufzeigen von Alternativen wichtig.

Des Weiteren könnte Lindenfels Partnerschaften mit örtlichen Gewerbetreibenden forcieren. Praktische Ausbildungsmöglichkeiten, Betriebsbesichtigungen oder AGs in Zusammenarbeit mit externen Partnern könnten das Bildungsangebot somit bereichern.

Der Aspekt der Verkehrssicherheit darf nicht vernachlässigt werden. Sichere Schulwege müssen gewährleistet werden.

8. Vereine

Die Arbeit der Vereine stellt einen wesentlichen Bestandteil des Gemeinwesens dar. Wie werden Sie als Bürgermeister die Arbeit der Vereine unterstützen und welche Ideen haben Sie, um die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen attraktiv zu machen?

Die vielfältige Lindenfelser Vereinslandschaft ist uns allen eine Herzensangelegenheit. Das Füreinander und Miteinander treibt uns alle für unser Lindenfels an. Diesen Geist möchte ich erhalten, nutzen und stärken.

Für den Abend der Vereine am 11. September habe ich alle Lindenfelser Vereine und auch alle Lindenfelser politische Parteien ins Bürgerhaus eingeladen. Dieser wurde sehr gut angenommen und war der Auftakt für eben genau dieses Thema. Dieses Format möchte ich fortsetzen um gemeinsam in Lindenfels eine lebendige, nachhaltige und gut unterstützte Ehrenamtskultur zu entwickeln.

Ehrenamtliches Engagement, egal in welcher Form hat größten Respekt und Anerkennung verdient. Dies gilt es öffentlich anzuerkennen.

Anbei aus meiner Sicht die wichtigsten Maßnahmen, die die Stadt Lindenfels ergreifen kann, um ehrenamtliches Engagement nachhaltig zu fördern:

  • Veranstaltungen oder Auszeichnungen, um ehrenamtliches Engagement öffentlich anzuerkennen, schaffen Motivation und Wertschätzung.
  • Nutzung lokaler Medien, um über die Bedeutung des Ehrenamts zu informieren und Geschichten von Engagierten hervorzuheben.
  • Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur, z.B. Räumlichkeiten, Materialien und finanzieller Unterstützung für ehrenamtliche Projekte.
  • Ein zentraler Ansprechpartner in der Stadtverwaltung für die Vereine.
  • Angebote zur Bildung und Qualifizierung im Bereich ehrenamtliches Engagement.
  • Vernetzung und Austausch der handelnden Akteure.
  • Unterstützung vonseiten der Stadtverwaltung bei der Generierung von Fördermitteln.
  • Unterstützung vonseiten der Stadtverwaltung bei der Gewinnung von neuen Mitgliedern.
  • Einbindung der Ehrenamtlichen in Entscheidungsprozesse der Kommune.
  • Kooperative Projektplanung. Projekte könnten gemeinsam geplant werden, wobei die Stadtverwaltung die Rahmenbedingungen schafft und Ehrenamtliche ihr Expertise und lokalen Kenntnisse einbringen.
  • Anerkennung des Ehrenamtes durch kleine Anreize. Beispielsweise durch freien Eintritt ins Schwimmbad und zum Burgfest.
  • Gestaltung einer effizienten Organisation und damit verbundener Bürokratieabbau. Möglichst einfachste Abwicklung von Formalitäten auf unserer Ebene, welche wir direkt beeinflussen können.

Anbei meine langfristigen Ziele für die Entwicklung des Ehrenamts in Lindenfels:

  • Stärkung der Gemeinschaft und sozialen Integration – „Wir Gefühl für Lindenfels“. Eine Gemeinschaft, in der ehrenamtliches Engagement zur sozialen Integration und Teilhabe beiträgt.
  • Etablierung einer stabilen und vernetzten Ehrenamtslandschaft in Lindenfels.
  •  Stärkung der Anerkennungskultur. Ehrenamtliches Engagement soll in der Lindenfelser Öffentlichkeit und im Alltag stärker wertgeschätzt und anerkannt werden.
  • Professionalisierung des Ehrenamts, um Effizienz des bürgerschaftlichen Engagements zu steigern.
  • Förderung der Jugendbeteiligung, um junge Menschen verstärkt ins Ehrenamt einzubinden und ihre Identifikation mit ihrer Heimatstadt langfristig sicherzustellen.
  • Sicherung der finanziellen Basis. Gewährleistung einer soliden finanziellen Unterstützung des Ehrenamts, um langfristige Projekte und Strukturen zu sichern.

9. Spezifische Ortsteilherausforderungen

Was werden Sie als Bürgermeister tun, um die Interessen der einzelnen Ortsteile der Stadt Lindenfels „unter einen Hut“ zu bringen und wie werden Sie mit den Anliegen der Ortsbeiräte umgehen?

Die Frage bezüglich der Interessen der Ortsteile ist mir zu unkonkret. Was ist damit gemeint? Werden Interessen der einzelnen Stadtteile unterschiedlich gewichtet? Auch im Bezug auf die der Kernstadt? Für mich gibt es da keine Klassifizierung, bzw. Unterscheidung.

Der ehemalige Landrat des Odenwaldkreises Horst Schnur hat in seinen Liebeserklärungen zum Odenwald den Begriff „Tälerstolz“ geprägt. Bezogen auf Lindenfels spreche ich vom Stadtteilstolz. Dieser soll erhalten bleiben. Eine große Identifikation der Menschen mit ihrem eigenem Stadtteil sorgt für ein echtes Gemeinschaftsgefühl und Zusammenhalt.

Ich selbst komme aus dem kleinsten Stadtteil von Lindenfels, Eulsbach. Die Anliegen der Stadtteile sind mir eine Herzensangelegenheit. Die Anliegen der Ortsbeiräte, welche in vielen Dingen der erste Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger sind, gilt es ernst zu nehmen. Bei den Ortsbeiräten handelt es sich um Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Sie machen das, um etwas zu bewegen. Damit nehmen sie der Verwaltung auch ein Stück weit Arbeit ab, wenn die Anliegen in den Ortsbeiräten gebündelt werden und dort vielleicht auch Lösungen entwickelt werden. Die Ortsbeiratsmitglieder werden oft wegen Themen angesprochen und sie würden den Bürgern natürlich gerne eine ordentliche Rückmeldung geben.

Dass nicht jede Maßnahme umsetzbar ist, ist auch klar. Aber die Ortsbeiräte oder generell die Menschen, die sich für Lindenfels interessieren, haben schon einen sehr realistischen Blick auf die Möglichkeiten des Bürgermeisters oder der Stadtverwaltung. Und die kleinen Maßnahmen muss man umsetzen können.

Und größere Sachen, wie zum Beispiel die Dachsanierung des Dorfgemeinschaftshauses in Kolmbach, sind klassische Maßnahmen für das hessische Dorfentwicklungsprogramm, die man darüber fördern kann. Wir sind aber noch nicht im Programm drin, das nimmt noch ein bisschen Zeit in Anspruch. Und wenn man das offen kommuniziert, dann wird das auch verstanden.

Die Vernetzung der Stadtteile untereinander ist in vollem Gange, so üben die einzelnen Feuerwehren regelmäßig gemeinsam. Vereine helfen sich gegenseitig bei ihren Festlichkeiten aus, oder schließen sich gar zusammen. Das sogenannte Kirchturmdenken von früher nehme ich nicht wahr, höchstens als humorvoll gemeinte Neckerei.

10. Wirtschaft und Finanzen

Die Verschuldungssituation der Kommunen ist hinlänglich bekannt. Dringend erforderlich sind Einnahmeverbesserungen sowie eine Entlastung der kommunalen Haushalte. Das heißt, einerseits sind Konsolidierungsmaßahmen unumgänglich, andererseits sind quantitative Wachstumsimpulse in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaftsförderung notwendig. Welche Position nehmen Sie dazu ein?

Die kommunalen Finanzen sind im Allgemeinen sehr angespannt, das gilt nicht nur für Lindenfels. Bereits 2023 erzielten nur noch 197 der 443 hessischen Kommunen einen Überschuss. Dies ist also auch ein strukturelles Problem.

Die finanzielle Situation in Lindenfels wird sich kurzfristig nicht verbessern, da müssen wir langfristig denken:

Mir ist es wichtig, ein Fördermittel-Management zu implementieren für die Maßnahmen, die wir ohnehin angehen müssen. Ich bin der Meinung, dass wir da viele Potenziale ungenutzt lassen. Im Investitionsplan stehen zum Beispiel die Pflasterung der Burgstraße, die Sanierung des Löwenbrunnens und die Sanierung des „Haus der Vereine“. Da sind wir schon bei über 100 000 Euro. Das summiert sich. Deshalb muss man auch mal bereit sein, Maßnahmen zu schieben, um an die entsprechenden Fördertöpfe dran zu kommen. Natürlich ist das Aufwand, aber es hat einen gewissen Ertrag. Da lohnt es sich dann auch, dahingehend tätig zu sein.

Unter meiner Regie wird es eine Arbeitsgruppe geben aus Bürgermeister, Verwaltung und Mandatsträgern, die sich ganz genau anschauen, wo wir möglicherweise einsparen können.

Des Weiteren müssen wir schauen, dass wir eine hohe Lebensqualität bieten, denn so ziehen einkommenssteuerstarke Bürgerinnen und Bürger nach Lindenfels.

Das Gewerbegebiet im Gehren möchte ich weiterentwickeln, um entsprechend Gewerbesteuereinnahmen generieren zu können.

Die bereits bestehenden interkommunalen Kooperationen in verschiedenen Bereichen gilt es fortzuführen und auszubauen.

Innerhalb der Verwaltung gilt es zu prüfen, ob und wo Arbeitsabläufe effizienter gestaltet werden können. Ich sage immer bei einer Effizienzsteigerung von 10 % entstehen bei einer Vollzeitarbeitskraft und circa 230 Arbeitstagen im Jahr Kapazitäten von 23 Arbeitstagen.

11. Menschen mit Migrationshintergrund

In Lindenfels leben viele Menschen mit einem Migrationshintergrund. Manche leben schon länger hier und leisten ihren Beitrag als Bürger*innen der Stadt. Was gedenken sie, als Bürgermeister zu einer einladenden Kultur für alle Mitmenschen zu tun?

Ich verstehe ehrlich gesagt die Frage nicht, denn sie suggeriert einen Unterschied zwischen:

  • Bürgerinnen und Bürgern, welche in Lindenfels geboren, hier aufgewachsen und immer noch hier wohnhaft sind.
  • Bürgerinnen und Bürger, die in Deutschland geboren sind und nach Lindenfels gezogen sind, also sogenannte Zugereiste.
  • Bürgerinnen und Bürger, welche einen Migrationshintergrund haben und in unserer Gemeinschaft integriert sind.

Für mich gibt es da keine Unterschiede. Was wir im Allgemeinen brauchen, ist ein echtes „Wir-Gefühl“ in Lindenfels. Einen offenen und wertschätzenden Umgang miteinander. Es liegt an uns als Gemeinschaft, das maximale Potential von Lindenfels zur Entfaltung zu bringen. Dies gelingt uns nur gemeinsam. Jeder Einzelne kann an dieser Stelle beitragen.

Was mir bei meinem Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern häufig zugetragen worden ist, ist der Wunsch Neubürger mehr ins Ortsgeschehen und in die Vereinstätigkeiten zu integrieren. Dies verbessern wir durch direkte Ansprache. Neubürger melden sich beim Einwohnermeldeamt der Stadt Lindenfels an und das ist schon der erste Ansprechpartner. Da entsteht der Eindruck, dass man als Neubürger willkommen ist, indem man eine Broschüre mitgibt oder – das haben wir jetzt im Magistrat beschlossen – eine Tageskarte für das Schwimmbad. Auch Patenschaften sind eine Möglichkeit. Wenn es in Lindenfels Menschen gibt, an die sich die Neubürger wenden können, und die sich die Zeit nehmen, um ihnen etwas über Lindenfels zu erzählen, dann glaube ich, dass die Leute ein größeres Interesse am Vereinsleben haben. Oder ein Neubürgerempfang – dieser Vorschlag kam von der Initiative „Wir für Lindenfels“. Sie hat angeboten, hierbei mitzuarbeiten und das zu unterstützen. Und so stelle ich mir das vor: Gelebte Bürgerbeteiligung. Dafür bin ich offen.

12. Geflüchtete

In Lindenfels sind Menschen als Geflüchtete mit Bleibeperspektive untergebracht. Was ist aus Ihrer Sicht nötig, um sie in unsere Gesellschaft zu integrieren?

Hier sprechen wir von geflüchteten Menschen, die bereits in Lindenfels sesshaft sind und bei denen erkennbar ist, dass sie in Lindenfels bleiben werden.

Offenheit und Transparenz schafft Vertrauen. Das Thema um die Menschen die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, beschäftigt sehr viele Menschen in Lindenfels. Denn wenn wir da nicht offen und sachlich drüber sprechen, und hier liegt die Betonung auf sachlich, gärt das im Untergrund und schafft Misstrauen und Ängste. Transparenz und Offenheit schafft Vertrauen. Hier müssen wir in allen Richtungen offener kommunizieren und informieren.

Der soziale Frieden ist in Gefahr, wenn wir das Thema nicht auf eine konstruktive Ebene bringen. Wir müssen uns um eine nachhaltige Integration der Menschen kümmern, die Lindenfels als ihre Wahlheimat gewählt haben. Wir müssen offen auf die Menschen zugehen und wenn es Kraft und Anstrengung und viel Überwindung kostet. Hass erzeugt auf der anderen Seite nur noch mehr Ablehnung. Es liegt an uns, wie wir als Gemeinschaft mit jenen Menschen umgehen. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, ob wir diese Menschen in die Vereine integrieren und in die Gemeinschaft mit einbinden, oder ob wir ihnen signalisieren „Ihr seid hier nicht erwünscht“. Das macht was mit ihnen. Wenn sie eine ablehnende Haltung erfahren, dann kommt das natürlich auch zurück.

Als Bürgermeister gehe ich voran und gehe offen auf diese Menschen zu. Des Weiteren werde ich mich mit allen beteiligten Behörden vernetzen und stets austauschen.

Ich möchte Hilfe zur Selbsthilfe schaffen und frage mich, ob es nicht möglich ist, dass die geflüchteten Menschen nicht selbst einen Ansprechpartner „aufbauen“ können. Der als Schnittstelle zwischen ihnen und der Gemeinschaft fungiert.

13. Klimawandel

Lindenfels ist zwar nicht unmittelbar von den schon sichtbaren Folgen des Klimawandels betroffen. Welche Maßnahmen könnten trotzdem angegangen werden, um dem allgemeinen Klimawandel entgegenzuwirken. Würden Sie zum Beispiel dem Bau von Windanlagen zustimmen ?

Das Lindenfels nicht von den sichtbaren Folgen des Klimawandels betroffen ist, sehe ich anders. So hinterlassen Starkregenereignisse bereits jetzt schon sichtbare Spuren und richten Schäden an. Hier müssen wir uns für die Zukunft wappnen, denn das wird zunehmen.

Für das Schlierbachtal müssen wir in Zusammenarbeit mit dem Gewässerverband Bergstraße das Risiko für Hochwasser analysieren und entsprechende Präventionsmaßnahmen einleiten. So ist zum Beispiel der Bau von sogenannten Retentionsbecken zu prüfen. Ebenso muss anhand von Fließpfadkarten, welche den Kommunen kostenfrei vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie zur Verfügung gestellt werden, die Gefährdungslage bei Starkregenereignissen für das gesamte Stadtgebiet analysiert werden.

Ich bin offen für die erneuerbaren Energien. Da sehe ich bei uns in Lindenfels noch einen Nachholbedarf. Ganz wichtig ist, die Wertschöpfung beim Ausbau der erneuerbaren Energien möglichst in der Region zu behalten – am besten bei den Bürgerinnen und Bürgern. Ich kann mir beispielsweise dazu die Gründung einer Energiegenossenschaft vorstellen. Allein bekommt man das aber nicht hin, dazu benötigen wir Experten. Mit diesen gilt es zu prüfen, welche Strukturen unsere Region prägen und welche erneuerbaren Energien bei uns besonders effizient eingesetzt werden können. Die Beratungsangebote für Kommunen sind dazu vorhanden, diese müssen wir nutzen.

Zum Bau von Windanlagen (welche Form hier gemeint ist, bleibt offen): Fraglich ist, ob es in Lindenfels Vorranggebiete für die Ausweisung von Windrädern gibt und sich diese Frage stellt.

14. Wald

Was würden Sie von einer Idee halten, den Wald nicht mehr wirtschaftlich zu nutzen und bis auf wenige Ausnahmen sich selbst zu überlassen.

Die Gemarkungsfläche von Lindenfels ist insgesamt 2.109 Hektar groß. Die Waldfläche beträgt 822 Hektar. Davon sind 312 Hektar im Besitz der Stadt Lindenfels.

Den Privatwaldbesitzern ist es aus meiner Sicht selbst überlassen, wie sie zu dieser Frage stehen. Als Bürgermeister werde ich ihnen das nicht vorschreiben. Sicherlich stehen die Ansprechpartner von Hessen Forst gerne beratend zur Seite.

Über den Umgang mit der Waldfläche im Besitz der Stadt ist mit den entsprechenden Gremien der Stadt zu diskutieren. Ich bin hier für deren Haltung offen. Persönlich ist mir wichtig, den Wald nicht als reines Wirtschaftsobjekt zu betrachten und mit diesem entsprechend nachhaltig umzugehen, sodass auch künftige Generationen den Wald als natürliches Naherholungsgebiet nutzen können.

Ziel muss es sein, eine ausgewogene Balance zwischen wirtschaftlicher Nutzung des Waldes und ökologischer sowie sozialer Bedeutung hinzubekommen.

Dabei können Stilllegungen einzelner Teilbereiche des Waldes ein geeignetes Mittel zur Wahl sein. Von der Lindenfelser Topografie her bietet sich das sicherlich ohnehin an.

15. Rechtsruck

Fast ein Viertel der Lindenfelser*innen, die an der Europawahl teilgenommen haben, haben Rechts gewählt. Worin liegen aus Ihrer Sicht die Ursachen und was wollen Sie tun, um den Trend umzukehren?

Da ich unabhängiger Bürgermeister in Lindenfels sein möchte, kommentiere ich grundsätzlich keine Wahlergebnisse auf anderen Ebenen. Ich möchte Lindenfels als Bürgermeister ehrlich dienen. Dazu gehört Offenheit und Transparenz, denn das schafft Vertrauen. Zu Offenheit und Transparenz gehört es auch, Problemlagen sachlich zu benennen.

Solange die Politik nicht erkennt, dass ein weiter so wie bisher: Ein weiter so in den alten Mustern, ein weiter so sich gegenseitig anzugreifen und zu schauen, wo der politische Gegner eventuell verwundbar ist, ein weiter so der Schaufensterpolitik, ohne die Themen, die die Menschen wirklich beschäftigen anzugehen, ein weiter so in der Eigenprofilierung usw. Solange das so läuft, werden die Menschen Vertrauen in die Bewahrer des Systems verlieren. Es ist an der Zeit für etwas Neues, im positiven Sinne und da müssen sich alle Akteure ehrlich hinterfragen.

Man muss sich auch mal hinterfragen, warum viele junge Menschen Vertrauen in die Politik verloren haben. Bei dieser fürchterlichen Coronapolitik ist das für mich nicht verwunderlich. Hier wurde sehr viel Vertrauen in das demokratische System verspielt und es entsteht der Eindruck: War halt so, weiter geht’s. Konsequenzen? Keine.

Mit einem Gegeneinander werden sich die Fronten weiter verhärten. Nur über eine ehrliche, authentische Politik, welche sich am Willen der Bürger ausrichtet, wird das Vertrauen der Menschen zurückkehren.

Abschließend bin ich der Meinung, dass aktives Ausgrenzen von politischen Mitbewerbern der Sache nicht dienlich ist. Herrn Taufertshöfer an den Wahlprüfsteinen nicht zu beteiligen ist aus meiner Sicht nicht fair.

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