Von Jochen Ruoff
Wissen sie, ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal so viel ohnmächtige Wut empfunden habe wie in den Tagen nach der Absage der Übernahme von Bürgschaften seitens des Landes Hessen und der beiden Kirchen. Und zwar nicht wegen der Sache selbst – die hat nur zu einer tiefen aber nicht unerwarteten Enttäuschung geführt. Wir haben die Entscheidungen in der Sache zu respektieren, auch wenn sie aus meiner Sicht falsch sind.
Es ging um die Tage danach und dem Umgang der Politik – vor allem der Landespolitik.
Die Absage des Landes Hessen kam per Fax am Tag der Entscheidungen aus dem Finanzministerium.
Kurz danach beehrte uns Staatsminister Grüttner, zuständig für Soziales. Aber nicht, um mit uns über die Entscheidung des Landes zu sprechen. Er besuchte die nahegelegene Rehaklinik in Winterkasten und hatte dann auch wenige Worte vor der Presse für das Lindenfelser Krankenhaus übrig. Erfahren haben wir das dann alles aus der Zeitung. So benimmt sich ein professioneller Politiker gegenüber denjenigen, die sich um ärztliche Versorgung in ihrer Region berechtigte Sorgen machen. Denen bescheinigte er mal eben mangelnden Elan. Meine Damen und Herren, solch ein Verhalten gehört sich einfach nicht!
Wenige Tage später fand eine in meinen Augen der Sache unwürdige Debatte im hessischen Landtag statt. Da wurde so viel Unsinn erzählt und Halbwahrheiten verbreitet, dass es einem schlecht wird. Auch die Rede meines Parteikollegen Bocklet gehört dazu.
Sehr geehrter Herr Kollege Stephan (Landtagsabgeordneter der CDU aus dem Wahlkreis Bergstrasse West), sie haben z.B. im Landtag gesagt, in Lindenfels habe die SPD das Krankenhaus zum Wahlkampfthema der Kommunalwahl gemacht, in Bensheim dagegen habe der Bürgermeister alle Parteien an einen Tisch geholt. Und sie haben die Analogie gezogen, so als habe die SPD dadurch die Zukunft des Luisenkrankenhauses vergeigt. Ich muss sagen, von solchen Aussagen bekomme ich Fieber.
Tatsache ist, es hat keinen Krankenhauswahlkampf in Lindenfels gegeben.
Tatsache ist: Wir haben in Lindenfels alle Beschlüsse einstimmig gefasst. Es war weder allein die LWG/CDU, noch die SPD, auch nicht die GRÜNEN oder die FDP alleine, sondern wir haben dies gemeinsam diskutiert und alle Beschlüsse einstimmig gefasst.
Tatsache ist: Wir haben beschlossen, ohne Wenn und Aber 150.000 Euro in die zu gründende Gesellschaft einzubringen. Da es Unklarheiten über eine Passage unseres Beschlusses gab, haben wir eine Sondersitzung einberufen und das aus der Welt geschafft, wieder einstimmig.
Tatsache ist: Wir haben in Lindenfels als einzige politische Ebene verbindlich einen konkreten Beitrag geleistet und nicht nur immer auf die anderen gezeigt. Darauf bin ich stolz und das lasse ich mir durch das kleinkarierte Parteiengezänk der Landespolitik nicht kleinreden. Auf diese Art von Unterstützung kann ich gerne verzichten. Vielleicht hören sie in Zukunft nicht nur auf die Stimmen, die ihnen ins parteipolitische Konzept passen und lesen nur den Teil der Papiere, die ihnen nutzen – sondern hören sie auf alle und lesen sie den ganzen Text eines Beschlusses.
Wissen Sie, im Grunde habe ich besonders hautnah erlebt, wie Politik mit solchen Situationen umgeht: Zunächst allergrößte Betroffenheit – Resolutionen, in denen wir uns mit verbalem Großgeschütz für den Erhalt des Krankenhauses einsetzen. Dann kommen die Erklärungen, warum man selbst leider nichts tun könne, aber die anderen, die seien doch in der Pflicht. Und dann hängt es an Summen, die bei anderen Projekten gar kein Problem sind – oder dient der Kauf und Unterhaltung des Erbacher Schlosses oder Kassel Calden etwa der Grundversorgung der Bevölkerung ?
Die Wi – Bank das Ausfallrisiko für die Bürgschaft des Landes auf 10% taxiert –Sie sagen nun 50% – was stimmt denn nun ?
Unsere Ärzte und die Bevölkerung haben den Job der Politik gemacht und ein Konzept entwickelt, das zwar alle gut finden, aber nicht absichern möchten. Selbst bei 50% Ausfallrisiko: Ein innovatives neues Konzept mit 50% Risiko – da ist das Glas eben auch halbvoll und ist des Risikos Wert.
Erklären sie das alles mal vor Ort. So jedenfalls brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die „Umleitung des bürgerschaftlichen Engagements für Luise light hin zu MVZ+“ nicht auf Knopfdruck der Landespolitik funktioniert.
Gehen Sie bitte jetzt an die Arbeit – den Elan dazu vermisse ich noch. Nicht nur Faßbier anstechen und gute Bilder produzieren. Jetzt ist das Konzept MVZ+ dran, was auch immer das sein mag, wie wirtschaftlich tragbar es auch sein soll, welche Anziehungskraft es auf die Ärzteschaft auch haben wird, das soll jetzt im Fokus stehen. Der Minister hat verkündet, die Akteure an einen Tisch zu holen und das Ganze dann seinem Landrat zu übergeben. Ich erwarte vom Minister und dem Landrat jetzt den Elan, den sie bei uns vermisst haben.
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