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„Für Eigenverantwortung kämpfen“

LINDENFELS.

Es ging ein Raunen durch das Publikum im fast voll besetzten Saal des Bürgerhauses, als Alexander Strohmenger vom Haupt-und Finanzausschuss der Stadt Lindenfels den „dicksten Brocken“ verkündete. Auf 500 Prozentpunkte wird die Grundsteuer B im nächsten Jahr erhöht, 2015 dann noch einmal um 100 auf dann 600 Prozentpunkte. „Eine kräftige Erhöhung“, sagte Strohmenger. Die Gewerbesteuer wird 2013 um zehn Prozent angehoben, so der Plan der Stadt. Die Hundesteuer für das erste Tier um fast 50 Prozent auf 102 Euro im Jahr, die Abwassergebühren pro Kubikmeter werden um einen Euro erhöht und kosten die Lindenfelser dann insgesamt 3,63 Euro pro Kubikmeter. „Das sind Punkte, die wir ihnen vorstellen mussten“, hieß es von der Stadtverwaltung.

Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 250 Euro steht Lindenfels mit seinen 4500 Einwohnern aktuell da. Fast zwei Millionen Euro Gesamtschulden nebst Zinsen schlagen gegenwärtig zu Buche. Einnahmen und Ausgaben klaffen seit 2009 immer weiter auseinander. Ein Großteil der Erträge generiert die Stadt über landwirtschaftliche Flächen, Grund-und Gewerbesteuer. Und bis 2020, so die Vorgaben des Landes Hessen, muss Lindenfels einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Die Ratlosigkeit war vielen Zuhörern ins Gesicht geschrieben. Und auch der eine oder andere Stadtverordnete wirkte ein wenig hilflos. „Wie können junge Familien in Lindenfels noch leben“, wurde unter den Zuhörern gefragt, angesichts steigender Steuern, steigender Kindergartengebühren und der geplanten Streichung des Schulbusses. „Welchen Anreiz gibt es noch hier zu bleiben?“ Man müsse eigentlich das Buch zumachen, sagte ein Bürger, der sich, wie viele am Montagabend, namentlich zu Wort meldete. Man habe in den vergangenen Jahren deutlich über die Verhältnisse gelebt, hieß es von der Stadtverwaltung. Man werde die Maßnahmen nun Schritt für Schritt umsetzen.

Endzeitstimmung im Lindenfelser Bürgerhaus.

Warum die Schulden in den vergangenen drei Jahren derart gestiegen seien, wollte ein Zuhörer wissen. Otto Schneider, Erster Stadtrat, verwies auf Infrarstrukturmaßnahmen, die teilweise teurer wurden als geplant. Zudem stünde die Stadt mit 5,5 Millionen Euro beim Abwasserverband Mörlenbach in der Kreide. Kopfschütteln im Publikum. Die Zinsbelastung durch Schulden sei bereits so hoch, dass Lindenfels die Luft ausgehen werde. „Das tut richtig weh bei 4500 Einwohnern“, sagte Strohmenger. Doch sein Appell brachte die Flamme der Hoffnung wieder ein wenig zum Lodern bei vielen Zuhörern, so hatte es den Anschein.

„Wir müssen konsolidieren, ob wir wollen oder nicht“, so das Mitglied des Haupt-und Finanzausschusses. Deshalb mache Lindenfels nicht gleich dicht. Man müsse für Eigenverantwortung in Lindenfels kämpfen, so der Familienvater. „Wir müssen noch kämpfen bis zu den Gesprächen mit dem Land, ob wir den Rettungsschirm in Anspruch nehmen“, sagte Strohmenger. „Lasst uns zusehen, dass wir da gemeinsam herauskommen.“

Lob kam von einer Zuhörerin für die Transparenz seitens der Stadtverwaltung. Auch die überparteiliche Zusammenarbeit in der Krise wurde gewürdigt. Jeder Bürger habe eine Last zu tragen. „Wenn wir das nicht machen,

haben wir irgendwann einen Kommissar vom Land da sitzen“, so einer der Zuhörer. Kommunale Zwangsverwaltung wolle schließlich keiner. Lindenfels müsse seine Handlungsfähigkeit erhalten. Anhaltender Applaus im Bürgerhaus.

„Für Eigenverantwortung kämpfen“ | Echo Online – Nachrichten aus Südhessen.

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